Selbstbau einer zweiarmigen Barndoor Montierung mit Schrittmotorsteuerung

(Oktober 2007) Nach sehr langer Zeit hatte ich endlich die Muße, diese Seiten zu überarbeiten. Ich habe einige Anfragen von Sternenfreunden bekommen, es scheint, als wären einige Textpassagen noch unklar formuliert. Weiters wollte ich auch ein paar Zeilen über die Erfahrung mit meiner Konstruktion anfügen.

(Mai 2006) Ich war lange Zeit auf der Suche nach einer relativ leichten und transportablen Reisemontierung. Zuerst dachte ich an meine Astro-3 vom Lidl-Teleskop, verwarf den Gedanken aber gleich wieder, da diese Montierung zu sperrig und ungenau war. Später schaffte ich mir eine gebrauchte NexStar8 Montierung an, diese war mit dem aufgesattelten MTO 10/1000 Objektiv leider noch größer und somit ebenfalls ungeeignet für Flugreisen.

Zwischendurch las ich von so genannten Barndoor-Montierungen, allerdings waren sie mir ob ihrer einfachen Bauweise (2 Brettl mit einem Scharnier verbunden und einer Gewindespindel als Antrieb versehen), nicht ganz geheuer. Obwohl einige Sternenfreunde ihre wirklich sehr guten langzeitbelichteten Fotos in den Foren präsentierten, dauerte es noch einige Zeit, bis die Idee der Barndoor wieder zu mir durchdrang. Just in dem Moment, als ich mir eine leichte EQ-1 / EQ-2 Montierung anschaffen wollte, stolperte ich wieder über so ein Barndoor "Ungetüm".

Ich machte umfangreiche Recherchen im Web und stieß auf hochinteressante Seiten von Amateuren, die hochpräzise Barndoor-Montierungen bauten.

Mein Ziel war es, ebenfalls eine Montierung zu bauen, die folgende Ansprüche erfüllt:

Ich bin meine lieben Freund Eduard zu großem Dank verpflichtet.
Ohne seine meisterhafte Beherrschung von Drehbank und Fräse hätte dieses Projekt niemals verwirklicht werden können.

Nach längerem Überlegen entschied ich mich, eine zweiarmige Montierung aus Aluminiumabfällen zu Bauen. Dieser Montierungstyp erlaubt noch längere Nachführzeiten als die herkömmliche Bauweise.
Viele Anleitungen im Web kamen von Amateuren aus dem angelsächsischen Bereich. Es wurden zwar genaue Maßangeben gemacht, allerdings leider im zölligen Format. Auch die für die korrekte Nachführung sehr wichtige Steigung der Gewindespindel war häufig nur im zölligen Maß angegeben.
Schlußendlich stieß ich auf die Seite von Stephen Tonkin. Diese war eine der am Besten dokumentierte Seite zu dieser Art von Montierung und was für mich viel wichtiger war, alle Angaben waren im metrischen Maß.
Zusätzlich machte sich der Autor auch Gedanken zur Motorisierung, zur genauen Ein-Nordung und zur Nachführgenauigkeit der Montierung.

Ich habe keinerlei Zeichnungen angefertigt, Eduard und ich verließen uns auf die sehr klaren und guten Ausführungen von Stephen und passten alle Materialien, die uns zur Verfügung standen, danach an.

Das Endergebnis unserer tagelangen Bemühungen kann man in den folgenden Aufnahmen sehen. Herausgekommen ist eine sehr leichte und, meiner Meinung nach, auch elegante zweiarmige Montierung, Durch die vielen von Eduard gefrästen Langlöcher ist sie in jedem Dreh-Punkt justierbar.   

Durch die Verwendung einer Gewindespindel M6 mit 1 mm Steigung und einem Schrittmotor mit 1,8° Schritten mussten folgende Maße exakt eingehalten werden, damit die Nachführung korrekt funktioniert:

r = 399.5 mm b = 254 mm c = 116  *) 

Barndoor Skizze

*) Nachtrag: Stephen Tonkins Berechnungen ergeben bei einer Gewindestange M6 (mit 1 mm Steigung) den Abstand r = 333 mm, ich verwendete aber r = 399,5 mm. Die Erklärung dazu kommt ebenfalls von Stephen: Er benutzt als elektrischen Antrieb (so wie ich) einen Schrittmotor mit einem Schrittwinkel von 1,8° und eine Ansteuerfrequenz von 4 Hz. Nun benötig dieser Motor aber für eine Umdrehung (360° / 1,8° x 4 =) 50 Sekunden, dieser Faktor muß nun ebenfalls mit eingerechnet werden, daher der neue Wert von r.

Die Montierung hinterläßt auch mechanisch einen sehr guten Eindruck. Als Grundmaterial kam ein sehr verwindungssteifes Aluminiumprofil aus der Alteisenkiste zum Einsatz.  Die Gewindespindeln sind aus rostfreiem Material, die Beilagen aus Messing.

Das schwächste Glied im gesamten Aufbau ist das Fotostativ mit zweifach ausgezogenem Mittelrohr, da das Geländer meines Balkons sonst zu hoch ist.

Barndoor GesamtansichtBarndoor Montierung (klicken für größere Ansicht)

Wir verwendeten Kugellager an beiden Schenkeln die im Aluminiumprofil laufen. Sie sind mit den wunderbar gefrästen Langlöchern optimal justierbar. Die Lager sind mit Hilfe der selbstsichernden Muttern am äußeren Profil leicht vorgespannt, so dass die innere Schiene beinahe spielfrei ist. Oben am unteren Bild kann man den schwarzen Kunststoffrundling erkennen, der die Gewindespindel aufnimmt und zugleich die äußeren Schenkel stabilisiert.

Barndoor LagerungBarndoor Lagerung (klicken für größere Ansicht)

Um die absolute Spielfreiheit zwischen Gewindespindel und Aufnahme zu gewährleisten, schnitten wir ein M6 Gewinde direkt in den zähen Kunststoff. Allerdings war das Haltemoment für den kleinen Schrittmotor, den wir zwischendurch immer wieder zu Testzwecken montierten, zu hoch. Wir entschieden uns daher eine M6 Messingmutter in den Kunststoff zu pressen. Die Konstruktion ist zwar nicht mehr spielfrei, aber durch die vielen streng laufenden Achsen ist dies auch nicht mehr notwendig. Da sich der Motor für eine Langzeitbelichtung ständig in eine Richtung weiter dreht und in Folge die Zahnflanken der Gewindespindel in der Mutter greifen, dürfte dort kein weiteres Spiel auftreten. 

Barndoor Mutter für SpindelBarndoor Mutter für Spindel (klicken für größere Ansicht)

Die Gewindespindel ist an der Motorseite mit zwei selbstsichernden Muttern an einer Kunststoffstange fixiert. Durch diese beiden Muttern kann die Rotation der Spindel sehr gut eingestellt werden. Die Fixierung der Kunststoffstange ist ebenfalls justierbar mit Langlöchern realisiert.

Da ich meine Barndoor auch in der "Pampas" verwenden möchte oder aber auch Probleme mit der Elektronik oder der verfügbaren Stromversorgung auftreten können, wollte ich den Motor entkoppelbar machen um ihn durch eine biegsame Welle ersetzen zu können. Durch Öffnen der kleinen M3 Schraube kann die Motorwelle von der Gewindespindel getrennt werden.

Barndoor MotorkupplungBarndoor Motorkupplung (klicken für größere Ansicht)

Der Motor selbst ist mit Hilfe einer Stahlfeder "schwimmend" gelagert. Dadurch kann sich der Motor in Abhängigkeit des Winkels der Gewindespindel bewegen und ist zugleich sehr rasch demontierbar geworden. Die Stahlfeder selbst gleitet im Aluminiumprofil und ist nicht fixiert.

Der Motor ist ein unipolarer Schrittmotor (mit 5 Anschlußdrähten) aus der Wühlkiste der Firma Conrad, mit einem Schrittwinkel von 1,8° und einem Spulenwiderstand von 33 Ohm.  Die Schaltung nimmt im Betrieb unabhängig von der eingestellten Drehzahl einen elektronisch begrenzten Strom von ca. 300 mA bei 12 VDC auf.

Der Motor erwärmte sich beim Betrieb mit der Nominalleistung (2x350 mA bei 12 VDC) sehr stark, so dass ich gezwungen war eine Strombegrenzung in die Schaltung einzubauen. Durch die Reduktion des aufgenommenen Stromes auf ein Drittel reduzierte sich das Drehmoment ebenfalls um diesen Wert. Nun konnte ich zwar die Spindel mit einem leichten Druck zweier Finger relativ Rasch blockieren, aber bedingt durch die beiden langen Hebel der Montierung ist die reduzierte Kraft des Motors trotzdem mehr als ausreichend.

Barndoor Motoraufhängung mit StahlfederBarndoor Motoraufhängung mit Stahlfeder (klicken für größere Ansicht)

Ich habe die Schaltung auf eine simple Lochrasterplatine aufgebaut. Diese hat nun sogar im Aluminiumprofil der Montierung Platz. Der Deckel wird erst erstellt, wenn die Montierung ihren ersten Test am Sternenhimmel erfolgreich bestanden hat :-)

Bei allen im Web publizierten Schrittmotorsteuerungen von denen ich gelesen habe, fiel mir eine kleine Ungereimtheit auf:
Es war bei diesen Schaltungsentwürfen nicht möglich, bei beiden Drehrichtungen (eine für Norden, eine für Süden) mit der schnelleren Geschwindigkeit zu fahren, sondern es wurde nur eine bevorzugt. Wenn man nun, so wie ich, von der Nord- zur Südhalbkugel reisen möchte um zu fotografieren, ist dies keine optimale Lösung. Der zusätzliche Stoppschalter funktionierte ebenfalls nur in einer Richtung und nur bei der langsamen Geschwindigkeit.
Ich verwendete statt dessen 3 einpolige Wechselschalter, einen als Einschalter, einen zum Umschalten der Drehrichtung und einen für die Geschwindigkeit (1 mm und 8 mm pro Minute). Nun kann ich in beiden Richtungen schnell und langsam fahren.

Da ich im kommenden Urlaub wenig Zeit zum Fotografieren haben werde, habe ich eine Halterung für einen richtigen Polsucher vorgesehen. Damit kann ich die Montierung schnell und ausreichend genau aufstellen. Ich werde noch eine rote LED aus der Steuerung für eine simple Polsucherbeleuchtung einplanen. Der Polsucher wird ein Orion-SkyPol von Teleskop-Service Ransburg sein, da dieser ohne Datumsscheiben auskommt und sowohl am Nord- als auch am Südhimmel einsetzbar ist.

Barndoor PolsucherbefestigungBarndoor Polsucherbefestigung (klicken für größere Ansicht)

Da der finale Test am Sternenhimmel im Moment buchstäblich in das südösterreichische Pfingst(regen)wasser gefallen ist, kann ich leider noch nichts über die Nachführgenauigkeit und Stabilität der Montierung sagen.

Nachtrag: Die Nachführgenauigkeit ist mit Stephens Lösung ohne Fehl und Tadel, allerdings ist meine mechanische Umsetzung leider nur mangelhaft. Wichtig bei langbelichteten Aufnahmen ist natürlich eine akkurate Polausrichtung. Leider verschob sich die Achse wo der Polsucher montiert war sehr stark, wenn ich meine relativ schwere Nikon D100 dSLR am Fotokugelkopf befestigt hatte. Nun mußte ich bei jeder Lageänderung des Fotoapparates eine Vorhaltung für die Polachse mit einkalkulieren, das ist natürlich sehr mühsam, daher plane ich schon an einer stabileren neuen Barndoor-Montierung!


Barndoor drift Barndoor ohne Drift
schlechte Polausrichtung
130mm Brennweite
190s Belichtungszeit
400 ASA
gute Polausrichtung
70mm Brennweite
100s Belichtungszeit
400 ASA




Widefield barndoor
Weitfeldaufnahme bei 32mm Brennweite, 340s Belichtungszeit bei 400ASA






 Fazit: Aus den nun gemachten Erfahrungen kann ich bestätigen, dass bei der mechanischen Konstruktion einer Barndoor-Montierung die Stabilität unbedingt vor der Baugröße kommen muß!

Herzlichen Dank an all jene Amateure, die ihre Projekte selbstlos im Web zur Verfügung stellen, damit sich andere z.B. eine Barndoor-Montierung nachbauen können:
Thank you to all for sharing your experience and your knowledge of how to build a barndoor mount.

Stephen Tonkin: http://www.astunit.com/tonkinsastro/atm/projects/scotch.htm
Michael Oates: http://www.mikeoates.org/mas/projects/scotch/
Dave Trott, 1988 in Sky and Telescope, erste Vorstellung einer mehrarmigen Montierung: http://hometown.aol.com/davetrott/page17.htm
G.Y. Haig, Erfinder der Montierung, April, 1975 in Sky and Telescope: (leider keine Homepage gefunden)

Frohnleiten, am 3. und 4. Juni 2006, bzw. am 29. Oktober 2007

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© 2005 / 2007 Armin P. Pressler