(Jänner 2007) Ich bin mit meinem 10" Newton sehr zufrieden, die große Schwachstelle dieses Geräts ist meines Erachtens aber der originale Okularauszug (OAZ) von Synta. Obwohl dieser Auszug 2 kleine Inbusschrauben zum Einstellen des Shiftings besitzt, war es mir unmöglich diesen so einzustellen, um damit einigermaßen genau fokussieren zu können. Dies ist aber vor allem bei fotografischen Anwendungen zum Beispiel mit der Webcam oder einer DSLR notwendig. Bei der rein visuellen Beobachtung ist die Genauigkeit des OAZ ausreichend.
(Februar 2007) Nachtrag: Mittlerweile machte ich schon einen Test mit dem OAZ der mich sehr erfreute. Daher baute ich weiter, der Bericht über die Motorisierung ist am Ende des ersten Teils angefügt.
Teil 1: Der Umbau zu einem SemiCrayford
(Den Begriff "SemiCrayford" benutze ich leicht ironisch, da man auch bei Refraktorteleskopen, die keine APOs sind, von SemiApos spricht.)
Nun gibt es viele
Möglichkeiten, diesen "Wackel-"Auszug zu ersetzen:
Es finden sehr viele Angebote von so genannten
Crayford-Auszügen
mit ebenso vielen Preisen von knapp 100.-- bis 500.--und
mehr.
Weiters gibt es im Web viele Baupläne zum Selbstbau eines
Auszugs nach Crayford, wobei mir die Konstruktion und der Bau eines
solchen ziemlich aufwändig erscheint. Da ich mir für
mein Teleskop nur einmal eine sehr gute Lösung anschaffen
wollte, war ich hin- und hergerissen zwischen einem
günstigen OAZ und einem Topmodell. Die Preisunterschiede waren
gravierend, leider kenne ich niemanden in meiner Umgebung, bei dem ich
mir die unterschiedlichen OAZs ansehen könnte.
Nach einer Anfrage im Astrotreff-Forum war ich noch weiter
verunsichert, da man mir dort erklärte, dass der
günstigere Auszug zwar gut sei, aber doch bei höheren
Lasten nicht optimal zu betreiben sei.
Selbstbau scheiterte an oben genannten Gründen (vorerst), obwohl ich die meisten Materialien schon vorrätig habe.
Ich stieß durch
Zufall auf die Webseite von Henning
Lorch, der schon im Jahr 2002
(!) eine
sehr
ungewöhnliche Umbaumaßnahme
vorstellte:
Er beschreibt, wie er seinen vorhandenen OAZ mit Zahn und Trieb mit je
zwei Kugellager spielfrei machte.
An dieser Stelle herzlichen Dank an Henning Lorch für die Veröffentlichung dieser sehr guten Idee! |
Diese Lösung spukte mir längere Zeit im Kopf herum, ich fand sie als Ideal für mein OAZ-Problem. Mit wenig Aufwand einen spielfreien Auszug herzustellen, um ihn später vielleicht einmal, falls es wirklich notwendig wäre, durch einen Kommerziellen zu ersetzen. Was will man mehr!
Ich machte allerdings ein paar Änderungen zu Hennings Entwurf, die mir wichtig erschienen:
Die originale Crayford-Lösung verstand ich so, dass je zwei Lagerpärchen für den optimalen Lauf notwendig sind, und gleichzeitig den Gegendruck der Antriebswelle aufnehmen sollen. Anstatt der Welle montierte ich das fünfte Lager an. Somit wird ein ähnlichen Effekt wie bei einem richtigen Crayford-Auszug erreicht, nämlich ein sehr starker mechanischer Druck auf das Auszugsrohr um damit das Shiften zu vermeiden. Die Zahnstange dient dabei ausschließlich für den Transport des Auszugsrohres und übt dabei keinerlei Kraft auf das Rohr selbst aus.
Ohne seine meisterhafte Beherrschung von Drehbank und Fräse hätte dieses Projekt niemals verwirklicht werden können. Weiters hat er meine Ungenauigkeiten beim Zusammenbau perfekt "ausgebügelt". |
Zuerst wurden die Wellen für die Kugellager gefertigt. Dabei mussten beiden Seiten abgeflacht werden, damit die Kugellager tief genug in den OAZ ragen und das Auszugsrohr satt geklemmt werden kann.
Wellen für die Kugellager (klicken für größere Ansicht)
Die 6mm Wellen passten sehr exakt in die Kugellager, dies ist auch notwendig, damit die Lager nicht im Betrieb axial verlaufen.
Die Kugellagergalerie (klicken für größere Ansicht)
Im nächsten Schritt fräste Eduard 3 Langlöcher in das Gahäuse des Okularauszugs. Durch diese Schlitze werden später die Kugellager angebracht.
Die gefrästen Langlöcher für die Lager (klicken für größere Ansicht)
Nun werden die M3 Gewinde für die Wellen geschnitten. Wobei ich hier leider nicht so exakt gearbeitet habe, wie ich es mir eigentlich erhoffte. Dazu aber weiter unten mehr.
Gewinde für die Wellen (klicken für größere Ansicht)
Unten kann man die Anordnung der fünf Kugellager erkennen. Dadurch wird verhindert, dass auf die Zahnstange Druck ausgeübt wird.
Die Anordnung der Kugellager (klicken für größere Ansicht)
Nun ist der OAZ endlich fertig, nur die endgültigen Antriebsknöpfe sind noch nicht montiert, da ich mir noch einen Getriebemotor besorgen muss, um daraus einen Motorfocus zu bauen. Aber für erste Tests reichen auch der Instrumentenknopf und die Flügelmutter :-)
Der fertig aufgebaute kugelgelagerte OAZ (klicken für größere Ansicht)
Fazit:
Mit den Möglichkeiten einer relativ gut ausgestatteten Werkstätte lässt sich ein Synta Zahn und Trieb Auszug mit mehr oder weniger Aufwand in einen kugelgelagerten umbauen.
Allerdings muss man wirklich sorgfältig und exakt arbeiten, da durch den relativ hohen Anpressdruck der Lager die Ausrichtung dieser sehr wichtig ist. Ich bohrte für die M3 Schrauben 3,5 mm Löcher in die Wellen. Dadurch konnten sich die Wellen beim Verschieben des Auszugsrohres axial bewegen. Dabei spürte man bei jeder Umdrehung, dass bedingt durch das Spiel der Achsen, die Lager gegenseitig verspannt waren und das Auszugsrohr nicht ruhig und gleichmäßig zu bewegen war.
Für dieses Problem hatte Eduard die ideale Lösung: Er benutzte Messingbelche um die Wellen zu unterlegen und bog Führungen, damit die Achsen korrekt aufeinander ausgerichtet bleiben. Seit dieser Maßnahme bewegt sich das Auszugsrohr "butterweich" in beide Richtungen.
Der OAZ nach der Justage (klicken für größere Ansicht)
Aufgrund des schlechten Wetters (Regen im Jänner!) und dem Orkantief "Kyrill" war es mir leider noch nicht möglich den OAZ am Sternenhimmel auszuprobieren, aber ein Indoor-Test mit einem Justier-Laser machte mich sehr zuversichtlich, dass der Auszug sehr gut arbeitet.
Teil 2: Die Motorisierung des Okularauszugs
Motiviert durch den ersten echten Test an meinem Newton machte ich mich nun daran, den Auszug mit einem Fokussiermotor auszustatten.
Ich wählte einen Conrad RB35 Motor mit einer Untersetzung von 1:600. Für die Verbindung des Motors an die Welle des OAZ wählte ich 2 Zahnräder mit 40 bzw. 10 Zähnen, die für eine zusätzliche Untersetzung von 1:4 sorgen. Als Kupplung dient eine Flügelmutter die das Antriebszahnrad fixiert. Als Steuerungselektronik kommt ein 4-Kanal Treiberbaustein vom Typ L293E der mit einem PWM-Signal eines NE555 Timers versorgt wird, zur Verwendung.
Im unteren Bild ist der gesamte Aufbau des Motorfokussierers dargestellt.
Der Gesamtaufbau des OAZ (klicken für größere Ansicht)
Ich möchte im Folgenden etwas genauer auf die einzelnen Komponenten eingehen:
Die Handsteuerbox (klicken für größere Ansicht)
Die Handsteuerbox besteht aus Materialien direkt aus meiner Wühlkiste. Das Gehäuse ist von einem alten Videorekorder (?) und hat idealerweiße einen Zoomschalter den ich für die Bewegungsrichtung benutze. Die linke obere rote Leuchtdiode dient zur Anzeige des PWM-Signals und ändert mit der Taktung die Helligkeit. Der rote Knopf ist im Moment noch unbelegt. Das seitlich angebrachte Potentiometer dient zur Geschwindigkeitseinstellung. Es ist mit einem extra großem Drehrad ausgestattet, damit man auch mit Handschuhen die Geschwindigkeit exakt verstellen kann. Da ich ein mehrpoliges Kabel benötigte, benutzte ich ein altes Drucker-Kabel und verwendete den Sub-D Stecker gleich mit.
Die Steuerelektronik-Box (klicken für größere Ansicht)Die Steuerelektronik (klicken für größere Ansicht)
Das Gehäuse der Elektronikbox besitzt drei Anschlüsse: Die Stromversorgung, die Buchse für Motorleitung und den Stecker für die Handteuereinheit. In der Box werkeln wie schon oben Beschrieben ein NE555 als PWM-Modulator und ein (Schritt)Motorbaustein L293E als Treiberendstufe. Schaltplan gibt es keinen, da ich ausschließlich die Standardapplikationen zu den Bausteinen benutzte, Schaltbilder finden sich im WWW zuhauf.
Detailansicht: Kupplung und Zahnräder (klicken für größere Ansicht)
Die Verbindung zwischen
Getriebe und OAZ-Welle erfolgt mit 2 Zahnrädern aus Edelstahl,
mit einem Untersetzungsverhältnis von 4:1.
Die Kupplung machte mir von Anfang an die meisten Sorgen, da ich
unbedingt eine Lösung wollte, bei der ich rasch den Motor
auskuppeln und danach die Welle sofort manuell betätigen kann. Die
ersten beiden Prototypen mit einem Gelenk wo der Motor über
eine Drehachse gelagert und mit einer Spiralfeder angedrückt
wurde, scheiterten kläglich.
Erst die Lösung mit der Flügelmutter erlaubt es mir
nun, das Zahnrad rasch auszukuppeln. Im eingekuppelten Zustand ist die
Kraft der Flügelmutter ausreichend, um damit eine ca 2Kg
schwere Last ohne durchrutschen zu Transportieren.
Die Endlagenabschaltung (klicken für größere Ansicht)
Als Notabschaltung für
die beiden Endlagen und zum Schutz der Zahnstange dient ein einziger
Microschalter. Diese Abschaltung ist notwendig, da die
Flügelmutter das Zahnrad zu stark fixiert, so dass es
auch bei einer Totalblockade nicht zu rutschen
beginnt.
Als Betätiger für die obere Endlage dient der von mir
abgeschrägte Rand der 2" Okular-Aufnahme, für die untere
Endlage mußte ich eine Linsenkopfschraube an geeigneter
Stelle im OAZ-Rohr einbauen. Beide Betätigungselemente haben
eine schräg gestellte Rampenform, damit der Microschalter
ideal auflaufen kann.
2. Fazit:
Ich war zunächst unsicher, ob die Untersetzung des Getriebes
nicht zu hoch (=zu langsam) gewählt ist, aber nach einigen
versuchen finde ich, sie ist ideal. Da man den Motor sehr rasch
auskuppeln kann um damit grob vorzufokussieren, ist die langsame
Geschwindigkeit kein Nachteil.
Die im ersten Teil manchmal vorkommenten ruckenden Bewegungen aufgrund
der verspannt angeordneten Kugelleger, ist durch das starke Getriebe
nicht mehr feststellbar.
Ich bin sehr froh, dass der Umbau nach einigen Schwierigkeiten geglückt ist, und freue mich schon auf ein "först motor leit" mit meinem "SemiCrayford".
Frohnleiten, am 19. Jänner und am 2. Februar 2007
© 2006 Armin P. Pressler